Stefan Schuster erkennt an den Bauausführungen der Kaskade viele Mängel. Der Beton weist schon Risse auf und es müssten Sicherungen erfolgen.

Stefan Schuster hat ein wachsames Auge. Er läuft den kleinen Weg von der Sternbuschklinik zur Klever Kaskade hinunter und kann an vielen Stellen mit dem bloßen Auge bereits erkennen: „Dieser Hang ist weiterhin in Bewegung.“ Schuster ist Bergbau-Ingenieur, hat viele Jahre für Unternehmen im Ausland gearbeitet und kennt sich mit Gesteinsschichten und abgängigen Hügeln aus. Interessiert verfolgt der Klever die Diskussion um die Kaskade und hat sich auch selbst ein Bild vor Ort gemacht und eine 17-seitige Stellungnahme dazu geschrieben.

könne bei der Ausführung der Kaskaden-Arbeiten erhebliche Mängel feststellen. So erkennt Schuster im Bereich der alten Kaskade vorschriftsmäßig mehrere Messpunkte. „Für das neue Überlaufbecken kann ich hingegen keinen einzigen Messpunkt sehen“, sagt er und fragt sich, wie man ohne Messpunkte ein Bauwerk überwachen kann. Der Bergbaufachmann ist sich sicher, dass der Hang im Laufe der nächsten Jahrzehnte weiter abrutschen wird: „Das lässt sich nicht vermeiden.“

„Es lassen sich deutliche Risse am Überlaufbecken erkennen“
Stefan Schuster, Bergbau-Ingenieur, hat sich mit der Kaskade in Kleve auseinandergesetzt.

Die von der Kaskade aus gesehen rechte Spundwand ist seiner Meinung nach nicht fachmännisch eingebaut worden. „Da sieht man starke Lücken zwischen den Bohlen. Das ist kein Flächenverbund. Dies lässt sich auch nicht mehr so einfach ändern“, sagt er. „Warum das so ist, weiß ich nicht. Ich sehe aber nur ein Ergebnis, das indiskutabel ist.“

Mehr Sorge bereitet ihm der Zustand des neuen Überlaufbeckens. Hier ließen sich bereits nach einem Jahr deutliche Risse im Beton entdecken. „Und die werden nach meinen Beobachtungen jede Woche breiter“. Für Schuster ist dies ein Zeichen, dass der Hang sich bewegt. „Diese Risse müssen dringend mit Teer ausgebessert werden. Denn jetzt läuft eimerweise Wasser in den Untergrund. Auf Dauer geht das nicht gut“ Auch sei aufgrund von Setzrissen zu vermuten, dass sich das gesamte Becken bereits gesetzt hat. Schuster geht nicht davon aus, dass die jetzt gewählte Lösung 30 Jahre hält.

Kritisch bewertet er auch das neue Unterlaufrohr, welches lediglich aus Plastik sei. Dieses Rohr liege im Untergrund zwischen spitzen und scharfkantigen Schottersteinen, von oben käme zudem noch Druck und Bewegung: “Wie lange soll das halten?“, fragt er sich.

Schuster hat die Anlage mittlerweile mehrfach besucht. Und er erkennt selbst bei leichten Regenfällen, dass das neue Tosbecken viel zu klein ist. Der gewählte Auslass sei zu schmal, sodass das Wasser durch den Wellenschlag auch seitlich am Becken vorbeifließe. Dies wiederum führe zu Belastungen der aufgetragenen Schotterschichten. Durch die Wassermassen bilden sich Hohlstellen im Schotter, die Grundlage für neue Risse und einen unsicheren Untergrund seien.

Schuster rät dazu, den Auslass des Tosbeckens deutlich zu verbreitern und seitlich die Betonkante bis zum Kermisdahl zu führen. Mit dieser Maßnahme könne man sich auch den seiner Meinung nach überflüssigen Betonteppich an den Seiten sparen. Damit Fußgänger noch über das Bauwerk gehen können, schlägt der Ingenieur eine kleine Steganlage vor, die beweglich sein sollte.

Auf jeden Fall müssten vor dem Tosbecken grobe Wasserbausteine im Kermisdahl eingebracht werden. Zurzeit schieße das Regenwasser die Kaskade hinunter und stürze in das Gewässer. Dort würde sich auf Dauer ein Kolk bilden, der wiederum für die eingelassenen Spundwände zu einer zusätzlichen Belastung wird. Die Wasserbausteine sollten eine Körnung von mindestens 40 Zentimetern haben. Insgesamt wundert sich Schuster über die Bauausführung an der Kaskade. Er rät der Stadt Kleve dazu, einen Wasserbauingenieur hinzuziehen.

Das tut die Stadt bereits. Auf Nachfrage der NRZ teilt die Verwaltung mit, dass die gesamte Böschung und die Kaskade einem Monitoringverfahren unterliege. Setzungen sollen dokumentiert werden. Auch werde geprüft, ob die vorhandene Kaskade die Wassermassen der Oberstadt überhaupt bewältigen kann und welche Alternativen sich daraus ergeben. Im Detail wollte die Stadt die Fragen der NRZ nicht beantworten. So wollten wir unter anderem wissen, warum es am Tosbecken keine Messpunkte gibt und wie man die Risse im Beton bewertet.

Stefan Schuster schlägt konkret vor, eine Entlastung für die Kaskade zu schaffen. So solle man einen Bypass schaffen, der vom Parkplatz Stembuschklinik bis zum Kermisdahl führt. Das zusätzliche Kanalrohr sollte mindestens 1,3 Meter im Durchmesser sein. Für die Errichtung eines Tunnels gebe es entsprechende Verfahren. Billig werde das allerdings alles nicht.

Quelle: NRZ, Andreas Gebbink, 04.05.2019