Begründung Gemeinde Bedburg-Hau
Denkmalschutz Alter Tiergarten Kleve Bedburg-Hau, 19.1.2023

Antragstellung Klaus Brennecke vom 18.11.2022

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Ein am 1.2.2003 gestellter Bürgerantrag brachte einen Stein ins Rollen:

a) Die Stadt Kleve möge von der Schwanenburg bis zum einzigartigen Moritzgrabmal am Papenberg eine Wegeverbindung herstellen, um die vereinsamte Grablege an die herausragende Gartenkunst ihres Schöpfers: Johann Moritz von Nassau-Siegen erlebbar anzubinden und

b) mit der Gemeinde Bedburg-Hau diesen Weg bis zum Schloss Moyland gemeindenübergreifend befürworten.

Nach positivem Klever Ratsentscheid 2003 etablierte sich der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering unter dem Dach des Klevischen Vereins für Kultur und Geschichte e.V. Die Spuren der Bronze- und Eisenzeit, der Römer, der Oranier, der Postkutschenroute u.v.m. sind vor Ort längst nachgewiesen. Es galt, das Erbe, das Johann Moritz von Nassau-Siegen als Statthalter der brandenburgischen Residenz in Kleve und seiner Umgebung hinterlassen hat, bewusst und wieder sichtbar zu machen.

Die Basis mitwirkender Fachkundiger und interessierter Bürger im Arbeitskreis stand schon vor dem positiven Ratsbeschluss fest. Gemeinsame Beratungen in Abstimmung zuständiger Behörden – nahmen ihren Lauf. Wir starteten 2004 mit Schirmherrn Hermann von Ameln, Honorarkonsul der Niederlande a.D. die Ausstellung: „400 Jahre Johann Moritz von Nassau-Siegen in Kleve“ im Hotel Hünnekes am Papenberg.

Die Stadt Kleve kaufte 1978 das Grabmal mit Umgebung von der Forstverwaltung-NRW. Der Papenberg, der Reiterverein Lohengrin und der Spitzberg gehören seit jeher zu Hau/Amt Till – seit Gemeindereform 1969 zum Gemeindegebiet Bedburg-Hau.

Das Moritzgrabmal am Papenberg wurde zum beliebten Veranstaltungsort für Festakte und Begegnungen verschiedener Art. Die öffentliche Übergabe des Voltaire-Weges fand im Schloss Moyland im Rahmen einer unvergesslichen Festveranstaltung mit vielen, auch auswärtigen Gästen statt. Die NRW-Stiftung ist hier beispielhaft zu nennen.

Zu unserer großen Freude konnte bis 2009 ein Projekt-Fördertopf von ca. 500.000 € nach einer Auflistung erreicht werden.

Der Alte Tiergarten war im 2. Weltkrieg fast völlig zerstört und mit seinen „verschiedenen Parkbereichen“ nicht mehr im Blickfeld. Das gesamte Gehege zeigte sich später sichtbar vernachlässigt, unbeachtet, nicht begehbar und erlebbar. Dabei war der Alte Tiergarten Kleve mit seiner arkadischen Landschaft die erste kurfürstliche Parkanlage im europäischen Raum, die im 17. Jahrhundert für das Bürgertum geöffnet wurde! Kleve war damit ein absolutes Novum und zeigt die starke Bürgernähe des Klevischen Statthalters. Die Tore des reichhaltig ausgestatteten Lustgartens mit Orangerie wurden am Morgen geöffnet, am Abend verschlossen. Eine bis dahin nicht gekannte „Landesverschönerung mit Einbeziehung der natürlichen Gegebenheiten breitete sich vor dem Schloss zu Kleve aus“.

Müde der vielen Kriegsjahre veranlasst der kunstsinnige Statthalter Johann Moritz umherliegendes Kriegsmaterial zur Gartenkunst für den Alten Tiergarten umzuarbeiten: Der „Sitz vor dem Freudenberg“ und der „Eiserne Mann auf Kiek in de Pot“ sind uns durch Zeichnungen bekannt. Das „Trophäenmal Cupido“ ist das einzig erhaltene Original im Alten Tiergartenpark- heute nahe des Moritzparks aufgestellt. Die Abwendung des Johann Moritz von Krieg und Zerstörung, die Umwidmung von Kriegsgerät zur Verschönerung von Parkanlagen, berühren noch heute – gerade im Bewusstsein aktueller Kriegshandlungen der Gegenwart!

Beide Parkbereiche mit ihren Promenadenwegen, Alleen, Sichtachsen waren 100 Jahre später der beste Start für die „Klever Bäderzeit.“ Kleve und seine Umgebung wurde berühmt: viele Niederländer bauten schöne Villen entlang der Tiergartenallee nahe dem Kurhaus „Bad Cleve“.

1976 begutachten die Prof. Hennebo und Hoffmann in „Historische und aktuelle Bedeutung der Klevischen Gartenanlagen“ das Vermächtnis des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen für Kleve. Die beauftragten Landschaftsarchitekten Gustav und Rose Wörner, Wuppertal sind uns noch gut in Erinnerung, da sie später den Schlosspark von Moyland überplanten und weitere sehr bedeutsame Parkanlagen – auch in Berlin!

Später übernahm Achim Röthig, Landschaftsarchitekt und Verfasser des Gutachtens Alter Tiergarten 2015 das Planungsbüro Wörner. Herr Röthig kennt Kleve und seine Umgebung bereits als Auszubildender. Der Neue Tiergarten steht insgesamt unter Denkmalschutz!

Der Alte Tiergartenpark blieb weiter ungeschützt: Im Bereich des Sternbuschs/AlterTiergarten befinden sich ein Hotel-Restaurant, mehrere Schulen, Sportplätze, eine Reithalle, ein Combibad, ein Klinikgebäude, Verwaltungen und Gala-Bau-Gewerbe. Weitere Bau-Ideen sind glücklicherweise nicht umgesetzt worden.

Vor diesem Hintergrund war für den Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering das wichtigste Ziel: Denkmaleintrag Alter Tiergarten ohne weiteren Flächenverlust! Frau Petra Engelen vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland und Frau Dr. Kerstin Walter/LVR.Gutachterin waren schon 2005 zu ersten Beratungen mit uns am Papenberg und Spitzberg. Ihre Sach- und Fachkenntnis geben bis
heute bei Projekt-Planungen im Alten Tiergarten wichtige Leitlinien vor. Um Unterschutzstellung seit 2005 bemüht sind vielfältige Kontakte über MdL, Erinnerungen und Mahn-Schreiben an die Bezirksregierung, Anfragen an den LVR. u.m. anzuführen.

Frau Dr. Walter bestätigt 2008 zur Begründung von Förderanträgen für den Spitzberg dem Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering …, dass der „Alte Tiergarten“ nach Ansicht des  Landschaftsverbandes Rheinland/Rheinische Denkmalpflege denkmalwert ist, weil er eine hohe künstlerische und städtebauliche Bedeutung für die Stadt Kleve und die Gemeinde Bedburg-Hau besitzt. Darüber hinaus ist der Alte Tiergarten“ als frühes Beispiel einer gezielten, großflächigen Landschaftsgestaltung des 17.Jahrhunderts durch Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-
1679) wichtig für die Geschichte der europäischen Gartenkunst… .

Jede beteiligte Behörde erhielt das fachkundig erstellte Parkpflegewerk Achim Röthig/BDLA Alter Tiergarten Kleve 2015: auch die Bezirksregierung Düsseldorf. Das Ministerium NRW kippte Mitte 2022 – trotz vieler Einwände beteiligter Behörden – das Denkmalschutzgesetz NRW und verweist nun das Unterschutzstellungsverfahren an örtliche Behörden. „Kulturelles Erbe gefährdet!“ titelte u.a. die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im Februar 2022!

Kleve und Bedburg-Hau sind nun gefragt, sich zum Erhalt ihres historischen Kulturerbes zu bekennen und zeitnah zu handeln!

Unsere tiefe Enttäuschung über die unterlassene Bearbeitung des Denkmalverfahrens bei der Bezirksregierung Düsseldorf können Sie sicher nachvollziehen. Steter Personalmangel als Begründung: ist nicht wirklich akzeptabel! Der Alte Tiergartenpark ist weiterhin schutzlos – obwohl er vor dem Neuen Tiergarten entstand! Das LVR-Gutachten belegt umfassend die Bedeutung der Klever Parkanlagen: Europäisches Gartengesamtkunstwerk!

Auch in der Bürgerschaft wird das LVR-Gutachten großes Interesse, Stolz und Zustimmung finden. Gerade in unserer Unruhen geplagten Zeit ist der Alte Tiergartenpark eine ortsnahe vielfältige Erholungs-Oase. Wir freuen wir uns über Begegnungen aus der Nachbargemeinde und mit unseren niederländischen Nachbarn. Sie sind an Johann Moritz und seiner herausragenden Gartenkunst in Kleve stets interessiert! Auch Wanderer aus Trier, Köln, Bonn oder Aachen und Belgien sind längs der Via Romana anzutreffen.

Der vertraute einladende Blick über die Galleien zur Schwanenburg von der Kalkarer Str. aus ist durch einen 2008 gestellten Bürgerantrag durch Ehrenbürger Karl Kisters und weitere Bürger erhalten geblieben – vor Bebauung verschont!

Wir bitten Sie um Ihre zustimmende persönliche Mitwirkung zum längst fälligen Denkmaleintrag: „Alter Tiergarten Kleve mit aktuell kartiertem Denkmalbereich lt. LVR-Gutachten vom 9.1.2017“.

 

Danke für Ihre freundliche Aufmerksamkeit!

Gerlinde Semrau-Lensing/Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering
im Klevischen Verein für Kultur und Geschichte e.V.

 

PS: Kleve – Moyland: Wenn Johann Moritz auf Reisen im In- oder Ausland unterwegs war vertrat ihn Freiherr Alexander van Spaen. Als offizieller Stellvertreter ritt er dann täglich von der Wasserburg Moyland zum Klever Schloss, um dort seinen Amtsgeschäften nachzugehen.