
Die Schwanenburg in Kleve
Egal, von welcher Seite sich jemand der Stadt Kleve nähert, er wird immer den Schwanenturm sehen. Die ehrwürdige Burg ist das große Pfund der Stadt, Stolz ihrer Bewohner und Ziel vieler Besucher. Sie ist Sitz des Land- und Amtsgerichtes. Dank des Engagements des Klevischen Vereins für Kultur und Geschichte / Freunde der Schwanenburg e.V. steht der Schwanenturm für Besucher offen. Der Verein, der nach dem Zweiten Weltkrieg „Clevischer Heimatbund“ hieß, hat die Bauhütte Schwanenburg gegründet und für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Turmes gesorgt. In den 60er-Jahren wurde das Geologische Museum im Schwanenturm eingerichtet, wo es sich noch heute befindet. Auch ein Teil des Spiegelturms wird vom Klevischen Verein genutzt.
Die Burg auf dem Kliff
Die Anfänge der Burg auf dem Steilhang liegen um 1020, aus dieser Zeit gibt es jedoch keine Relikte. Als um 1180 der Rittersaal gebaut wurde, gab es bereits einen Bergfried und einen Burgbereich mit Innenhof. Die heute noch vorhandene Ringmauer sowie ein Brunnen im äußeren Burghof stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die Burg unter den Klever Herzögen stetig erweitert, bis sie um 1600 ihre größte Ausdehnung hatte. In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die mittelalterliche Burg unter Johann Moritz von Nassau-Siegen, Statthalter des Großen Kurfürsten, und seinem niederländischen Architekten Pieter Post im Stil des Niederländischen Barock umgebaut. Der schlossartige Quertrakt sowie die Arkaden im inneren und äußeren Burghof erinnern noch daran. Zimelienturm, Johannesturm, Rittersaal, das Herzog-Wilhelm-Tor und weitere Gebäude verschwanden Ende des 18. Jahrhunderts. Verantwortlich dafür ist die Vernachlässigung der Burg in der preußischen Zeit. Fragmente des reich verzierten Rittersaales wurden später im Innenhof eingebaut, wo sie heute an zwei Eingängen (Schwanenturm und Schöffengerichtssaal) noch zu sehen sind. Der Schwanenturm ist zweimal eingestürzt, jeweils an einem 7. Oktober. Im Jahre 1439 brach er erstmals ein. Adolf, der erste Herzog von Kleve, der kurz zuvor den Spiegelturm hatte fertigstellen lassen, ließ ihn wieder aufbauen und auch die vergoldete Wetterfahne in Form eines Schwanes aufsetzen. Als die obere Hälfte des Turmes am 7.10.1944 durch Kriegseinwirkung erneut zusammenbrach, wurde er wiederaufgebaut und beim Richtfest mit dem wiedergefundenen alten Schwan verziert.

Grafen und Herzöge
Um 1020 wurde Rutger von Flandern von Kaiser Heinrich II. als Graf von Kleve eingesetzt, er gilt als Stammvater der Grafen von Kleve, die 1368 in männlicher Linie ausstarben. Die Nachfolge trat Adolf von der Mark an, dessen gleichnamiger Sohn 1417 die Herzogswürde erhielt. Dessen Enkel, Herzog Johann II., verabredete mit Herzog Wilhelm IV. von Jülich-Berg die zukünftige Eheschließung seines Sohnes Johann mit Maria von Jülich-Berg. Nach dem Tod dieser beiden Herzöge wurden die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Herzog Johann III. vereinigt. Dessen Sohn Wilhelm „der Reiche“ gebot einige Jahre auch über das Herzogtum Gelderland und die Grafschaft Zutphen, so dass der englische König Heinrich VIII. sich für ein Bündnis mit Kleve interessierte. Bekanntlich ließ er zwei seiner Ehefrauen köpfen, zwei starben eines natürlichen Todes, von zwei Ehefrauen, darunter auch Anna von Kleve, ließ er sich scheiden bzw. die Ehe annulieren.
Die sechs klevischen Herzöge regierten von 1417-1609, als der letzte Herzog Johann Wilhelm ohne Nachkommen verstarb. Im nachfolgenden jülich-klevischen Erbfolgestreit fiel das Herzogtum Kleve mit den Grafschaften Mark und Ravensberg an das Kurfürstentum Brandenburg. Dadurch gehörte das Kleverland ab 1701 zum Königreich Preußen.
Der Spiegelturm
Als Graf Adolf von Kleve und der Mark vor 600 Jahren – im Jahre 1417 – zum Herzog erhoben wurde, ließ er bald darauf an Stelle eines älteren Turmes einen neuen errichten, den er auf die alte Wehrmauer aus dem 12. Jahrhundert setzen ließ: die unteren beiden Räume mit Steingewölben wurden als Archiv genutzt, drei darüber liegende Geschosse waren mit Holzbalkendecken versehen. Für 1429 ist der Spiegelturm als Aufbewahrungsort für Archivalien belegt. Im obersten Geschoss könnte die „spigelkamer“ gelegen haben, nach der der Turm später benannt wurde. Im Mittelalter hieß der aus Backstein erbaute, rot geschlämmte Spiegelturm der „rote Turm“ (rode tairn), im Gegensatz zum aus Tuffstein erbauten „grauen“ Schwanenturm. Spätestens ab 1600 wurden zumindest die unteren beiden Gewölberäume als Gefängnis genutzt. Die eindrucksvolle Tür erinnert noch an diese Zeit. (Abb. Tür im Spiegelturm) 1883 – damals diente der gesamte Turm als Gefängnis – wurde ein Treppenhaus angebaut, um die Räume im Obergeschoss besser zu erschließen. Dies ist heute noch gut an dem helleren Stein erkennbar, der Turmcharakter ging dadurch jedoch etwas verloren. Auch der Spiegelturm erlitt am 7.10.1944 beim Bombenangriff auf Kleve schwere Schäden. Diese wurden bis 1948 von der Bauhütte Schwanenburg beseitigt. Bei dieser Gelegenheit wurden auch alle Fenster, die für die Nutzung als Gefängnis zugemauert worden waren, wieder geöffnet.
Der Verein der Freunde der Schwanenburg e.V. ließ Mitte der 80er-Jahre die unteren beiden Gewölberäume restaurieren. Dabei wurde das alte Verlies mit der sieben Meter dicken Außenmauer als Nikolaus-Kapelle eingerichtet. Authentisch ist das allerdings nicht, denn die Kapelle hat sich an der Ostseite der Burg befunden, in der Nähe des heutigen Schöffengerichtssaales.
Im oberen Raum ist noch die alte Wehrmauer aus dem Ende des 12. Jahrhunderts zu sehen, sie ist hier immer noch vier Meter dick. In dieser Mauer befindet sich die doppelsitzige Toilettenanlage mit dem schräg verlaufenden Schacht, durch den die Exkremente direkt nach draußen gelangten. Es war sogar möglich, die Toilette durch ausgesparte Mauerschächte regelmäßig mit Wasser durchzuspülen. Die rechte Toilettennische wurde beim Bau des Spiegelturms zugemauert, ebenso wie der Bogen, durch den man in Zeiten, als die Wehrmauer noch ihrem eigentlichen Zweck diente, auf der Innenseite der Mauer entlanggehen konnte. Aus dem Durchgang wurde der Schatzschrank. Noch heute ist gut erkennbar, dass der mit zwei Türen verschließbare Schrank eine Art Geheimfach hatte.
Im Wesentlichen wird der Spiegelturm heute durch die Justiz in Anspruch genommen, der obere Saal wird gelegentlich für kulturelle Veranstaltungen geöffnet. Die unteren Gewölberäume können bei Führungen gezeigt werden, kleinere Veranstaltungen und standesamtliche Trauungen sind hier ebenfalls möglich.
