Mundart

KV-Platt

In Kleve und Umgebung werden die „niederländischsten” Dialekte Deutschlands gesprochen. Sie gehören zu einer Dialektgruppe, die in der Sprachwissenschaft als Kleverländisch bekannt ist. Hier finden Sie unsere Sammlung rund um die Mundart Platt und die heutigen Dialekte zwischen Kleve und Nimwegen.

Sprüche in Kleefse Platt

Franz Hermsen nahm im März 2006 eine Vielzahl an bekannten “Kleefse Platt” Sprüche auf und stellte diese dem Klevischen Verein als Audiodatei zur verfügung. Viel Spaß beim Reinhören.

Pressebericht 2006

Rheinisch: Dr. Georg Cornelissen erforscht Regiolekte. Dem Volk aufs Maul geschaut. – Niederrheinische Blätter 02/2006

Das alte Platt und die heutigen Dialekte zwischen Kleve und Nimwegen (2006)

„Das alte Platt und die heutigen Dialekte zwischen Kleve und Nimwegen” hieß die Veranstaltung, zu der der Landschaftsverband Rheinland gemeinsam mit dem Klevischen Verein für Kultur und Geschichte eingeladen hatte. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die CD “Platt in Kleve und Umgebung – 25 Sprachaufnahmen aus den Jahren 1958 – 2004” vorgestellt. Einige Hörproben finden Sie hier:

Gerd Wolters, geb. 1929, Aufnahme 2004


Der Sprecher wird 1929 als eines von sechs Kindern eines Materborner Ehepaares geboren. Nach der Schulzeit beginnt er eine Gärtnerlehre in Kleve, die aber durch den großen Bombenangriff auf die Stadt am 7. Oktober 1944 beendet wird. Der Betrieb wird zerstört, viele Tote sind zu beklagen. Die Familie des Gärtnerlehrlings bleibt zwar verschont, aber er selbst, sein Vater und alle Geschwister verlieren an diesem Tag ihre Arbeitsstellen.

Georg Winnen, geb. 1933, Materborn, Aufnahme 2004

Platt ist die erste Sprache, die der Materborner Junge in seiner Kindheit lernt. So sprechen auch die Kinder miteinander, wenn sie auf der Straße spielen; ihre Spiele heißen Bandele (Spiel mit einem Metallreifen), Teckele (ein Wurfspiel), Kneckere (Murmelspiel), Noorlope (Nachlaufen). Platt ist auch die Sprache der Abzählverse, die die Kinder dann benutzen. Und wenn im Dezember der Nikolaus ins Haus kommt, trägt der Junge ein Gedicht auf Platt vor.

Heinrich Schulte zur Wissen, geb. 1875, Keeken, Aufnahme 1958

Keeken vor dem Ersten Weltkrieg: Ton Klompemaker wird von einem Nachbarn wegen einer angeblichen, schon 15 Jahre zurückliegenden Brandstiftung angezeigt. Die Polizei holt ihn an einem Donnerstag ab, er wird in Kleve im Schwanenturm eingesperrt. Dadurch kommen die männlichen Einwohner des Dorfes in die Bredouille, ist Ton doch auch deren Frisör: er schneidet die Bärte. Hier flicht der Sprecher eine Episode (Tössegespräch) ein: Einmal war in Keeken ein Husar einquartiert, den die Dorfbewohner vor Tons (angeblicher) Verrücktheit warnten; als er sich dann von Ton rasieren ließ und der eine ausholende Armbewegung machte, bekam der Soldat es mit der Angst zu tun und flüchtete vom Frisörstuhl. Zurück zur Geschichte: Am Sonntag nach der Inhaftierung denken die Keekener Männer in den Gastwirtschaften darüber nach, wie sie ihren Frisör zurückholen können. Der Deichgräf, der kein armer Mann ist, findet sich schließlich bereit, die Kaution von 3000 Mark zu bezahlen. Dafür müssen ihm die Keekener versprechen, Ton einen prächtigen Empfang zu bereiten und ihn met gepeelde Rar (mit geschmückten Fahrrädern) und Reitern abzuholen. Am nächsten Tag um elf Uhr werden die Keekener per Telefon von der erfolgten Freilassung benachrichtigt; mit einer Trompete aus dem Krieg 1870/71 wird das verabredete Signal „Sammeln” gegeben. Die Dorfbewohner ziehen der Kutsche, in der Ton kommen soll, bis Rindern entgegen. Ton sitzt in seiner fettigen und vom Kautabak verschmutzten Weste zwischen dem Deichgräf und dem Vorsitzenden der Molkerei. Die Kutsche wird nach Keeken eskortiert, wo die Kinder sich schon in wohl geordnetem Spalier aufgestellt haben; mit dem Lied „Ich hatt’ einen Kameraden” wird Ton empfangen. Der Sprecher ist der Vater von Theo Schulte zur Wissen (s. Aufnahme 14). Die Aufnahme ist entstanden im Rahmen der von Eberhard Zwimer durchgeführten Dialektkampagne in den 1950er Jahren. Das Originaltonband befindet sich im Deutschen Spracharchiv im Institut für Deutsche Sprache in Mannheim (zw3B8; I/3738), eine Kopie im Tonarchiv des Amtes für rheinische Landeskunde.

Wilma Pempelforth, geb. 1928, Brienen, Aufnahme 2004

In den 1930er Jahren müssen die Kinder vanne Spoy, aus Brienen also, nach Griethausen zur Schule gehen. Sie sammeln sich morgens, und dann marschiert en hele Kleut (ein ganzer Trupp) los. Da die meisten zu Hause nur Platt sprechen, fehlen ihnen am Anfang ihrer Schulzeit noch viele hochdeutsche Wörter: Wie soll man zum Beispiel pupe übersetzen? Und Knöllekes? Die werden zwar gern gegessen, aber dass das .Steckrüben’ sind, wissen die Kinder nicht.